Ein erster Blick ins Wirtschaftsjahr 2020

Marktkommentar, Dezember 2019

Ein erster Blick ins Wirtschaftsjahr 2020

Jeder erste Blick ins kommende Wirtschaftsjahr 2020 muss provisorisch bleiben, weil sehr viel von den Details des geplanten, aber nicht sicheren, Handelsabkommens zwischen den USA und China abhängt. Die Finanzmärkte zeigen sich hoffnungsvoll, dass die Handelszölle wieder reduziert werden – vielleicht werden aber auch nur keine zusätzlichen Zölle dazukommen. Entsprechend gibt es allerdings noch kaum konklusive Anzeichen von Stabilisierung der globalen Industrieaktivität. Diese bleibt aber weiter fragil und von einem Handelsabkommen abhängig. Wichtig wird zudem die Frage, ob der bisher robuste globale Dienstleistungssektor sich halten kann. Uns würde es nicht überraschen, wenn die Weltwirtschaft auf unter Potenzial liegenden Wachstum bleibend seitwärts tendieren würde. 

In den letzten Wochen zeigten sich Anzeichen für eine gewisse, allerdings noch nicht wirklich überzeugende Stabilisierung der globalen Industriedynamik. In China, Indien, Brasilien und Mexiko haben sich Indikatoren für das verarbeitende Gewerbe verbessert. In Grossbritannien und auch in der Eurozone hat sich der Rückgang der Industrieaktivität verlangsamt, doch muss man weiter von einer Geschäftskontraktion sprechen. Entsprechend beginnen die Unternehmen zu reagieren und Arbeitskräfte abzubauen, wie das Beispiel der deutschen Autobauer anschaulich illustriert. 

Dies zeigt uns auch das Hauptrisiko für 2020 auf, dass nämlich die historisch weiter unterdurchschnittliche globale Industrieaktivität sich allmählich negativ auf die im Bruttosozialprodukt wichtigeren Sektoren Privatkonsum und Dienstleistungen auszuwirken beginnt. Diese Sektoren haben sich 2019 überraschend gut gehalten, sind aber ziemlich sensitiv betreffend Veränderungen im Arbeitsmarkt. Nicht zu unterschätzen sind dabei auch die bedeutenden strukturellen Veränderungen, welche in verschiedenen Branchen wie Automobil oder Einzelhandel die Firmen zu Effizienzsteigerungen, aber auch zum Teil zu risikoreichen Investitionen zwingen. Da sowohl in den USA wie Europa die Löhne - wie meist im späten Verlauf des Wirtschaftszyklus – wegen stark gesunkenen Arbeitslosenraten wieder mehr wachsen, müssen die Unternehmen aufpassen, dass die Gewinnmargen nicht unter Druck kommen. In Japan und Europa besteht für die Aktiengesellschaften zudem ein Umsatzrisiko, weil die Konjunktur insgesamt weniger dynamisch ist als in den USA. Diese Länder reagieren auch sensitiver auf ein mögliches, aber eben nicht sicheres Handelsabkommen, da sie weit mehr exportorientiert sind als die USA. 

«Wichtig wird 2020 für die Aktienmärkte, wie gut die Unternehmen ihre Gewinnmargen verteidigen können.»

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Sollte es zu einem Handelsabkommen kommen, kommt es sehr auf die Details an. Die Hoffnung und Forderung Chinas ist, dass die bisher von den USA erhobenen Strafzölle aufgehoben werden und dass nicht nur keine zusätzlichen Strafzölle dazukommen. Für die USA bleibt die Frage wichtig, ob China beim erzwungenen Technologietransfer für Geschäfte in China und beim Schutz des geistigen Eigentums, gerade im Technologiebereich, nachgibt. Dies stimmt aber kaum mit der langfristigen Strategie von Chinas Präsident Xi überein, der China zur Technologie-Grossmacht machen möchte. Daher dürften die Finanzmärkte auch 2020 von der steigenden politischen Rivalität zwischen den USA und China dominiert werden, die sich auch in der Unterstützung von Hongkong durch den US-Kongress und den US-Präsidenten manifestiert hat. 

Generell dürfte die in den letzten Wochen geringer gewordenen Schwankungen in allen Finanzmärkten 2020 aus politischen Gründen wieder zunehmen. Zwar hat die Aussicht auf einen Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union ohne irgendeinen «Deal» nach den Verhandlungen zwischen Boris Johnson und der EU abgenommen, doch über die Übergangsphase besteht weiter Unsicherheit und das britische Pfund und europäische Aktien haben inzwischen viel Positives vorweggenommen bzw. in den Preisen antizipiert. Zudem stehen Anfang November in den USA die Präsidentenwahlen (und partielle Parlamentswahlen) an. Die meisten Kandidaten der Demokratischen Partei gebärden sich nicht unternehmerfreundlich und streben wieder höhere Steuern an. Für US-Präsident Trump könnte das laufende «Impeachment»-Verfahren eventuell Popularitätsverluste bedeuten. Die in allen Finanzmärkten klar unter historischen Durchschnitten liegende Schwankungsbreite könnte aus politischen Gründen daher wieder zunehmen.

Die Aussichten für ein deutliches Anziehen der Inflation sind gering, solange einerseits die Weltwirtschaft nicht über ihrem Potenzial wächst und andererseits das global ausreichende Ölangebot die Ölpreise im Zaum hält, es sei denn, es käme aus politischen Gründen zu einer klaren Angebotsreduktion zum Beispiel im Nahen Osten. Die historisch eher tiefe Inflation dürfte die globalen Zentralbanken weiter zur Wachsamkeit veranlassen, d. h. im Zweifelsfall würden sie lieber die Geldpolitik etwas lockerer als weniger locker gestalten. Dies führt dazu, dass Anleihen trotz tiefer Renditen vorerst eine Stütze erhalten, in der Eurozone gerade auch durch das wiederaufgenommene Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank. Aktien dürften wie Unternehmensanleihen einerseits von der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken positiv beeinflusst werden, könnten aber andererseits wegen politischen und daher auch ökonomischen Unsicherheiten mindestens partiell auch wieder Gegenwind erhalten. Entscheidend wird 2020 angesichts einer fortgeschrittenen Bewertungsausweitung vieler Regionen die Frage wie erfolgreich die globalen Unternehmen ihre Gewinnmargen verteidigen können. Da diese im langfristigen Vergleich eher erhöht sind, kommt es einmal mehr auf Innovation und Effizienz an.

Wir finden daher, dass eine gut diversifizierte Aufteilung der Anlageklassen auch 2020 angesichts der nicht beendeten Phase konjunktureller und politischer Unsicherheiten ihre Berechtigung hat.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als CIO das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG. Zuvor war er über viele Jahre CIO bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 5. Dezember  2019

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