Digitale Vermögenswerte – Chancen und Risiken für Anleger

Die innovative Blockchain-Technologie («Distributed Ledger Technology, DLT») und die damit verbundenen Erwartungen haben bereits grosse Bekanntheit erlangt. Für Privatanleger wie auch institutionelle Investoren ist es noch nicht einfach, von den mannigfaltigen Möglichkeiten dieser jungen Technologie zu profitieren. Es gilt sich in einem noch unübersichtlichen Marktumfeld mit den unterschiedlichsten Anbietern und Spezialisten zurechtzufinden und die technischen Hürden zu überwinden, die eine Nutzung der Blockchain-Technologie mit sich bringt. Unsere Spezialisten des Krypto-Desks wollen mit dieser Publikation Licht ins Dunkel bringen.

«Warum soll ich in digitale Vermögenswerte investieren?»
Es gibt verschiedene Motive, warum Anleger in Finanzprodukte investieren möchten, die auf der Blockchain-Technologie basieren. Grob lassen sich diese wie folgt unterscheiden: 

1. «DLT ist cool und neu; ich möchte sie ausprobieren und wissen, wie sie für mich funktioniert. Die Investition verspricht interessante Renditen; zudem macht es Spass und es ist lehrreich.»
2. «DLT wird die Welt in allen Lebensbereichen markant verändern. Neue, innovative Unternehmen werden gegründet und wachsen rasant. An diesem Wachstum will ich teilhaben, sei es mit Aktienbeteiligungen, traditionellen Fonds, Wagniskapital-Fonds oder Beteiligungstoken.»
3. «Das Vertrauen in Zentralbanken und Regierungen ist zu gering. Die nächste (oder die aktuelle?) Krise wird alles verändern, sodass traditionelle Werte wie Aktien, Obligationen und Währungen dramatisch an Wert verlieren.»

«Welcher Risikotyp bin ich?»
Wie beim Handeln mit traditionellen Wertpapieren, etwa Aktien oder Obligationen, sollten Sie zuerst klären, welcher Risikotyp Sie sind und was Sie vom Kauf des digitalen Wertpapiers erwarten. 

Keine Zinsen, keine Dividenden
Eines vorweg: Krypto-Währungen werfen weder Zinsen noch Dividenden ab. Die einzige Gewinnquelle ist die künftige Wertsteigerung des «Coins». Wann und wie dieser Kursgewinn erwartet wird, hängt stark von der persönlichen Einschätzung und weniger von einschlägigen Expertenmeinungen und Fundamentalanalysen ab.

«Bin ich ein kurzfristiger oder langfristiger Anleger?»
Sie setzen auf kurzfristige Gewinne durch Marktschwankungen innerhalb der nächsten Tage und Wochen? Dann sind Krypto-Währungen mit den bekannt starken Kursveränderungen in kurzer Zeit, d. h. mit einer hohen Volatilität ein interessantes Spekulationsinstrument. Aber auch langfristige Investoren, die auf eine dauerhafte Wertsteigerung über mehrere Jahre setzen, entdecken Krypto-Währungen als Anlageklasse. Viele Investoren sind bereits seit Jahren in Bitcoin investiert und bewegen bei Kursschwankungen oft nur einen kleinen Teil ihres Krypto-Vermögens. Solche Anleger werden übrigens «Hodler» genannt. 

Entsprechend dem eigenen Risikoappetit und Anlage­horizont unterscheidet sich der Blick auf die Krypto-­Währungen: 

Kurzfristige Anleger konzentrieren sich auf die technische Analyse der Kurse, Preisentwicklungen, Muster im Kursverlauf und Handelsvolumen. Ihnen geht es vor allem um eine Kursvorhersage für die kommenden Tage und Wochen sowie das Eingehen von Short- und Long-Positio­nen. Oft werden beim Handel von Krypto-Währungen ähnliche Techniken wie beim Handel von traditionellen Währungspaaren – wie z. B. USD/EUR – angewandt.

Langfristige Anleger interessieren sich weniger für Kursschwankungen, sondern setzen auf die grundlegende Bewertung eines Vermögenswertes. Diese Fundamentalanalysen sind bei Aktien, Obligationen und Rohstoffen weit verbreitet. Seit Jahrzehnten gibt es diverse Modelle zur Berechnung des inneren Wertes eines Anlage­instruments, zur Identifikation unterbewerteter Unternehmen und zur Analyse mittelfristiger Kursentwicklungen. Die Modelle und Kennzahlen für Aktien und Obligationen haben sich über viele Jahre entwickelt und unterscheiden sich teilweise je nach Branche und Analyseschwerpunkt. Solche Analysen sind für Krypto-­Währungen anspruchsvoller, da sie eine junge Anlageklasse bilden und somit Erfahrungswerte fehlen. 

Wichtig für langfristige Anleger
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass den folgenden Faktoren bei der langfristigen Anlage in Krypto-Währungen Beachtung geschenkt werden sollten:

Airdrops: Dabei handelt es sich um gratis abgegebene Coins bzw. Token, die den Gebrauch und den Einsatz derselben fördern sollen. Das Unternehmen, welches diese zur Vermarktung eines Projekts herausgibt, verspricht sich daneben oft auch eine Öffentlichkeitswirkung und durch die höhere Nachfrage einen steigenden Kurs des abgegebenen Coins bzw. Token. Vielfach wirkt ein solcher Airdrop aber ähnlich wie die Ausgabe von kostenlosen Aktien: Der innere Wert des Projekts verteilt sich auf mehr Coins bzw. Token, was tendenziell einen Kursverlust zur Folge hat.

Halving Events: Insbesondere bei Bitcoin und seinen Nachahmern spielen die Halving Events eine wichtige Rolle. Zu diesen Zeitpunkten werden die Erträge für die «Miner» aus der eingesetzten Rechenleistung halbiert. Damit werden die möglichen Miner-Erträge  reduziert, da je gerechnetem Block weniger Coins zur Entlohnung gutgeschrieben werden. Rund um diese Ereignisse steigen die Kurse von Krypto-Währungen tenden­ziell an. (Das letzte Halving fand bei Bitcoin am 11. Mai 2020 statt.)

Praktischer Nutzen: Dies bezieht sich auf die Anwendbarkeit oder die aktuelle Funktion der Coins. Der Nutzen korreliert oft mit dem Wert eines Coins, da ein praktischer Nutzen einen Anreiz bietet, in den Coin zu investieren, ihn einzusetzen und eventuell auch längerfristig zu halten: 

• Im Fall von Bitcoin ist der praktische Nutzen vor allem als Tauschmittel zwischen den Benutzern zu sehen. Besonders für Menschen in Ländern mit schwachen Währungen können so lokale Gelder einfach in vor dem Zugriff der nationalen Notenbank geschützte Vermögenswerte überführt werden. Zudem können damit hohe Bankgebühren und lange Transaktionszeiten vermieden werden. 
• Ether werden zur Bezahlung von Dienstleistungen (z. B. der Programmierung des eigenen Tokens) auf der Ethereum Plattform verwendet. Investoren erwarten einen Anstieg aufgrund der Nachfrage nach Dienstleistungen und präferieren somit Ether.

Zusammenfassung Digitale Vermögenswerte
Mit der Entscheidung, in digitale Vermögenswerte zu investieren, ist es ähnlich wie mit Schwimmen lernen: Besser nicht kopfüber ins kalte Wasser springen und in unbekannte Währungen oder Coins investieren. Es ist sinnvoll, mit kleineren Beträgen Erfahrungen zu sammeln. Mit der Erfahrung wächst das Wissen, das Vertrauen in die innovativen Anlagemöglichkeiten und das Bewusstsein für die Risiken. So können Sie sich bald sicher im Krypto-Umfeld bewegen. Schlussendlich müssen Sie aber für sich entscheiden, ob Sie mit dem Risiko einer Anlage in digitale Vermögenswerte gut schlafen können.

«Wo soll ich digitale Vermögenswerte kaufen? Die Qualität von Krypto-Börsen und Brokern ist oft nur schwer zu beurteilen!»
Die Blockchain-Technologie erlaubt Ihnen, z. B. Bitcoin direkt an Geschäftspartner, Familienmitglieder oder Freunde weiterzugeben bzw. zu verkaufen. 

Krypto-Börsen
Die überwiegende Zahl der Transaktionen mit digitalen Vermögenswerten findet über technische Vermittlungsplattformen, sogenannte Krypto-Börsen oder Handels­Apps, statt. Sie unterscheiden sich jedoch sehr stark in Grösse, Liquidität, Handelsvolumen und Regulierung. Daher gibt es auch spezialisierte Broker, die über verschiedene Krypto-Börsen handeln und so versuchen, bessere Kurse für die gewünschte Währung zu erzielen. Einige Firmen haben sich auf die Vermittlung von Liquidität zwischen den Krypto-Börsen spezialisiert, um als Liquiditätsanbieter die Ausführung von Kundenaufträgen zu erleichtern und gleichzeitig zusätzliche Erträge zu generieren.

Achtung: Expertenschätzungen zufolge sind über 80 % der an den Krypto-Börsen publizierten Volumen vor­getäuscht! Dies geschieht beispielsweise, indem Investoren gleichzeitig eine Krypto-Währung kaufen und verkaufen, um so das Handelsvolumen zu erhöhen («Wash Trading»).

Herausforderung Kundenbetreuung
Die Betreuung von Kunden ist bei vielen Krypto-Börsen sehr rudimentär und erfolgt über einen Helpdesk. In den meisten Fällen steht nur eine FAQ-Seite zur Verfügung. Die Reaktionsgeschwindigkeit und die fachliche Kompetenz unterscheiden sich zwischen den Krypto-­Börsen teilweise markant. Zumeist fehlen ausreichende Ressourcen für die Unterstützung der Kunden.

«Jetzt hab’ ich Krypto-Währungen erworben, wohin soll ich nun damit?»
Ihr traditionelles Vermögen, sogenanntes Fiat-Geld, liegt üblicherweise auf Ihrem Bankkonto und wird von Ihrer Bank des Vertrauens verwahrt und überwacht. Aktien bzw. Obligationen werden zentral verwahrt und verwaltet. Gold wird in einem massiven Stahltresor gehütet. Krypto-Währungen hingegen liegen – offen einsehbar – auf der Blockchain! Je nachdem, wie Sie die Krypto-Währung gekauft haben, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Verwahrung. 

«Private Key» – der Schlüssel zu Ihrem digitalen Vermögen
Wirklich entscheidend ist, wo und wie Sie den «Private Key» verwahren. Dieser ist sozusagen das Passwort, welches für alle Übertragungen erforderlich ist. Wer dieses Passwort kennt, kann die dazugehörigen Vermögenswerte ganz einfach aus der Krypto-Wallet wegtransferieren. Daher der Ausdruck: «Not your (private) key, not your Bitcoins!». Hier ein Beispiel für einen Private Key:  

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Für die Verwahrung dieser Private Keys gibt es verschiedene Möglichkeiten; in jedem Fall ist eine Krypto-Wallet erforderlich.

Krypto-Wallet – Ihr digitaler Verwalter 
Eine Krypto-Wallet ist ein Softwareprogramm, das dazu entwickelt wurde, Ihre Private Keys zu speichern, digitale Währungen zu senden und zu empfangen, Ihren Saldo zu überwachen und mit verschiedenen Blockchains zu interagieren. Zudem benötigen Sie eine Krypto-Wallet, um Ihr digitales Vermögen zu verwalten und sicher aufzubewahren.

Es gibt hierbei «Hot Wallets» und «Cold Wallets» zu unterscheiden, wobei sich die Bezeichnung «Hot» und «Cold» auf die damit verbundene Aufbewahrungslösung bezieht: Eine Hot Wallet ist konstant mit dem Internet verbunden; deshalb auch die Bezeichnung «Hot Storage». Bei den Cold Wallets bzw. dem «Cold Storage» wird mit einer externen Hardware die Verbindung zum Internet getrennt; will heissen, dass Sie Ihre Private Keys beispielsweise auf einem Speicherstift aufbewahren.

Hot oder Cold?
Private Keys, die mit Krypto-Währungen verbunden sind, sollten in einer Cold Wallet gesichert werden, um sie vor Hackern zu schützen. Cold Wallets gehören zu den sichersten Verwahrmöglichkeiten für Private Keys, denn hier sind die Zugangsdaten nicht über das Internet erreichbar.

Achtung: Eine sichere Verwahrung digitaler Vermögenswerte mittels Cold Wallets hat einen entscheidenden Nachteil: Ein schnelles Reagieren auf Marktbewegungen und ein rascher Kauf bzw. Verkauf von Coins ist so nicht möglich. Nur über eine Hot Wallet ist ein sofortiger Handel mit Krypto-Währungen möglich. Anleger, die vom Auf und Ab der Märkte profitieren wollen, sind also auf eine riskantere Verwahrung angewiesen. 

Krypto-Währungen wurden als disruptive Finanztechnologie eingeführt, die Transaktionen weltweit einfacher, schneller und sicherer machen und den Eigentümern die vollständige Kontrolle über ihre Vermögenswerte zurückgeben sollten. Dadurch können Vermittler wie Geldtransfer­dienste eliminiert werden. Jeder, der seine erste Krypto-­Wallet eingerichtet hat und aus dem umfassenden Angebot an Hardware für die sichere Aufbewahrung von Private Keys auswählen musste, weiss, dass die finanzielle Souveränität oftmals aufwändiger ist als gedacht.

«Seed Phrase» – Ihre Rettung
Mit dem Anlegen einer Krypto-Wallet ist es leider noch nicht ganz getan. Bei der Festlegung eines Private Keys müssen Sie sicherstellen, dass eine Wiederherstellung möglich ist, falls der Private Key verloren geht oder vergessen wird. Hierzu sollten Sie einen sogenannten «Seed Phrase» verwenden. Dabei handelt es sich um einen Satz von zwölf bis 24 Wörtern, die zum Private Key verdichtet werden. 

Achtung: Sobald der Seed Phrase bekannt ist, kann der Private Key rekonstruiert werden und Sie (oder ein unbefugter Dritter) können auf Ihr digitales Vermögen zugreifen. Daher ist es wichtig, äusserst vorsichtig damit umzugehen. 

Zusammenfassung: Verwahrung von digitalen Vermögenswerten
Je mehr Menschen die Blockchain-Technologie nutzen, umso deutlicher wird, dass der grosse Vorteil der neuen Technologie – das direkte Übertragen von Geld zwischen Personen – für viele eine Herausforderung darstellt. Es ist verständlich, dass nicht jeder in die Tiefen der Blockchain-Technologie eintauchen, sich eine sichere Verwahrung für Wallet-Adresse und Private Key suchen und die notwendigen Informationen auch noch mehrfach gesichert aufbewahren möchte. Wir sind überzeugt, dass nur eine kleine Zahl an Interessierten willens ist, Zeit und Mühe in solche Fragen zu investieren. Die meisten Menschen, die sich für Bitcoin & Co. interessieren, tun dies aus Anlegerperspektive. Nur vergleichsweise wenige interessieren sich auch für die technologische Basis hinter den Krypto-Währungen.

Es mag sein, dass wir in der Zukunft Handels-Apps sehen werden, die einfach und intuitiv in der Nutzung sind und dennoch eine sichere Verwahrung von Krypto-Wallets und Private Keys gewährleisten. Bisher warten wir noch auf solche Lösungen. Und daher orientieren sich viele Anleger doch in Richtung Banken, da diese reich an Erfahrung  sind, wenn es um die sichere Verwahrung von Vermögenswerten geht. 

Mehr Chancen oder Risiken?
Wir sind vom grossen Potenzial der Blockchain-Technologie überzeugt. Die Blockchain-Technologie bietet sehr weitreichende Möglichkeiten, um Abläufe zu vereinfachen und Zwischeninstanzen, die bisher die Richtigkeit von Daten und Transaktionen garantiert haben, überflüssig zu machen. 

Die technischen Herausforderungen für Neueinsteiger und wenig erfahrene Investoren behindern allerdings das Wachstum dieser innovativen Vermögensklasse. Es ist deshalb unser Ziel, diesen Zugang für Sie schneller, einfacher und sicherer zu machen. Am besten vertiefen Sie Ihr Verständnis für digitale Vermögenswerte, wenn Sie den Handel und die Verwahrung ausprobieren und erste Erfahrungen sammeln – mit Ihrer Bank als vertrauensvollem Partner.

Diese Publikation dient ausschliesslich Informations- und Marketingzwecken. Sie stellt keine Anlageberatung oder individuell-­konkrete Anlageempfehlung dar. Sie ist kein Verkaufsprospekt und enthält weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten, Anlagedienstleistungen oder zur Vornahme sonstiger Transaktionen. Maerki Baumann & Co. AG erbringt keine Rechts- oder Steuerberatung und empfiehlt dem Anleger, bezüglich der Eignung von solchen Anlagen eine unabhängige Rechts- oder Steuerberatung einzuholen, da die steuerliche Behandlung von den persönlichen Verhältnissen des Kunden abhängt und stetigen Änderungen unterworfen sein kann. Maerki Baumann & Co. AG ist Inhaberin der Schweizerischen Bankbewilligung, die ihr durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) erteilt wurde.

Diese Publikation und die darin gemachten Aussagen zu Handel und Verwahrung von digitalen Vermögenswerten richtet sich ausdrücklich nicht an Personen mit Wohnsitz in Deutschland.

Redaktionsschluss: 28. Mai 2020

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