Devisen-Dilemma?

Marktkommentar, Februar 2021

Devisen-Dilemma?

Der neue amerikanische Präsident hat mit seinen Stimulierungsplänen in den internationalen Währungsmärkten für eine Pause in den seit einigen Monaten herrschenden Tendenzen gesorgt. Gleichzeitig wurde die Schweiz von den USA als «Währungsmanipulator» bezeichnet. Letzteres wird wohl kaum zu einem wirklichen Dilemma für die Schweizerische Nationalbank (SNB), welche – wenn nötig – weiter Deviseninterventionen unternehmen dürfte. Hingegen ergeben sich aus der Virusausbreitung und den Plänen des US-Präsidenten Fragezeichen für die weitere Devisenentwicklung beim US-Dollar. 

Kürzlich wurde die Schweiz vom US-Finanzministerium als «Währungsmanipulator» bezeichnet. Warum? Weil die Schweiz gegenüber den USA einen Güterhandelsüberschuss von über USD 20 Mrd. (nämlich USD 49 Mrd.) erzielte, das Leistungsbilanzdefizit der Schweiz mit 8,8 % über der Definitionsgrenze von 2 % lag und die SNB im Verlauf des 2020 massive Deviseninterventionen durchführte. 

Im Gegensatz zu Vietnam, welches ebenfalls zum «Währungsmanipulator» erklärt wurde, ist aber für die Schweiz zurzeit nicht mit Massnahmen der USA wie zusätzlichen Zöllen zu rechnen. Dies nicht wegen der neuen US-Administration (die Währungsmanipulation-Definition stammt noch von der demokratischen Obama-Regierung), sondern eher, weil der Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar gemäss Kaufkraftparität nicht unter-, sondern klar überbewertet ist. Ausserdem sind die Deviseninterventionen grundsätzlich gegen einen starken Franken gegenüber dem Euro ausgerichtet und weniger gegenüber dem US-Dollar. Daher gehen wir davon aus, dass die SNB – wenn es nach der jüngsten Beruhigung des Euro wieder notwendiger würde – am Devisenmarkt wieder gegen einen starken Franken intervenieren würde. Die Kommentare von Mitgliedern der SNB sind in diesem Punkt unmissverständlich, sodass Währungsinterventionen weiter ein wichtiges geldpolitisches Instrument bleiben.

Beim US-Dollar haben die ersten Wochen des neuen Jahres eine Pause der vorhergehenden schwächeren Tendenz gebracht. Dies vor dem Hintergrund der von den Demokraten gewonnenen Senatssitze in Georgia, welche der demokratischen Partei dank dem Stichentscheid der Vizepräsidentin Harris eine Mehrheit von 1 Stimme bei Gesetzesvorlagen ermöglicht. Dies erhöht die Chancen auf mehr US-Konjunkturstimulierung im Sinne der neu vorgestellten Corona-Hilfspläne von Präsident Biden. Die dadurch steigenden Wachstumsimpulse für die USA haben die Zinsdifferenz gegenüber europäischen Währungen, besonders dem Euro, wieder erhöht.

«Wichtige Faktoren für die künftige Währungsentwicklung sind derzeit nicht klar kalkulierbar.»

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Allerdings gehen praktisch alle Währungsanalysten globaler Banken für 2021 von einem schwächeren US-Dollar aus, da die Zinsdifferenz gegen andere Devisen früher klarer für die US-Währung sprach als heute. Das Problem ist jedoch, dass diese Marktmeinung inzwischen so eindeutig zum Konsens geworden ist, dass sehr viel in die Preisbildung eingeflossen ist – kein Wunder nach einem US-Dollar-Rückgang von rund 10 % im letzten Jahr.

Historisch ist der US-Dollar nicht mehr teuer gegenüber dem Euro, und gegenüber dem Schweizer Franken sowieso nicht, stellt man auf inflationsbereinigte Kaufkraftvergleiche ab. Gegenüber besonders zyklischen Währungen wie dem brasilianischen Real oder britischen Pfund hingegen erscheint die amerikanische Währung eher überwertet. Das rekordhohe Handelsbilanzdefizit und das wieder steigende Leistungsbilanzdefizit der USA zeigen, dass die fundamentale Situation des US-Dollars nicht wirklich stabil ist, weshalb mit erhöhter Volatilität zu rechnen ist.

Auf der anderen Seite könnte, je nachdem wie hoch eine vom US-Kongress in Zukunft entschiedene Stimulierung der US-Konjunktur wird, die Wachstumsdifferenz zur Eurozone oder auch der Schweiz positiv beeinflusst werden. Zusätzlich bleibt die Ausbreitung und Bekämpfung des Corona-Virus, vor allem der neuen Mutationen, für relative Wachstumsvorteile oder -nachteile der USA gegen Europa enorm wichtig. Doch dies kann niemand genau vorhersagen, genauso wenig wie den Einfluss des Virus auf das Wachstum der Schwellenländer oder Japans.

Fazit: Nach einer überraschend deutlichen Bewegung der Devisenmärkte im letzten Jahr mit einem US-Dollar-Rückgang und einer Euro-Erholung, ist die Situation nach den politischen Ereignissen in den USA und den Plänen von US-Präsident Biden nun weniger klar. Dabei zeigt sich, dass viele Faktoren für die künftige Währungsentwicklung nicht nur wichtig, sondern vor allem auch kaum kalkulierbar geworden sind. Insgesamt ist daher in naher Zukunft mit wieder erhöhter Volatilität in den Währungsmärkten zu rechnen.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als CIO das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG. Zuvor war er über viele Jahre CIO bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 3. Februar 2021

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